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Kastration beim Angsthund

Aktualisiert: 29. Nov. 2022




Rechtslage:

Die Kastration selbst ist umstritten. Rein rechtlich heißt es in Paragraph 6 des TierSchG wie folgt:


"Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.“


Anders sieht es aus, wenn eine tierärztliche Indikation – also ein triftiger und aktueller medizinischer Anlass – gegeben ist... Was genau das heißt liegt im Ermessen der/des Tierärztin/-arztes.


Was passiert bei der Kastration?

Anders als bei der Sterilisation (Unterbrechung der Ei- bzw. Samenleiter), wird bei der Kastration der gesamte Eierstock bzw. Hoden entfernt und damit die Produktion des jeweiligen Sexualhormons gestoppt.


Das heißt, dass beim Rüden der Testosteron- und bei der Hündin der Östrogenspiegel sinkt.


Mögliche Auswirkungen, und warum man sich einen solchen Eingriff beim männlichen Angsthund - wie Baxter einer ist - zweimal überlegen sollte:


Testosteron wirkt unter anderem angsthemmend bzw. macht mutiger und ist der Gegenspieler von Cortisol (Stresshormon). Wenn also der Testosteronspiegel sinkt, kann ein ohnehin ängstlicher Hund noch ängstlicher bzw. noch anfälliger für Stress werden. So kann es leider auch sein, dass ursprünglich versteckt ängstliche Hunde (oft aus dem Tierschutz), nach einer Kastration durch die fehlende Angsthemmung und dem schlechter regulierten Stresshormonpegel, eine deutliche Angstaggression entwickeln.

Auch der Jagdtrieb wird durch das Testosteron in Schach gehalten und kann bei kastrierten Rüden ggf. mehr zum Vorschein kommen.


Bei einer Hündin kann sich das dagegen genau andersrum auswirken. Mit dem sinkenden Östrogenspiegel ist das Verhältnis des Testosterons höher, was eine Hündin nach einer Kastration mutiger machen kann.


All diese Dinge können auftreten, müssen es aber nicht. Zumindest bei ängstlichen Rüden sollte man sich eine Kastration daher zweimal überlegen.


Situation Baxter:

Baxter erlebt starken Stress bei läufigen Hündinnen. Dabei können diese kilometerweit entfernt sein.

Dies äußert sich durch:

  • Jaulen, winseln

  • Unruhe, auf und ab laufen

  • Vor der Haustüre warten

  • Nachts wecken

  • Draußen "im Tunnel", nicht ansprechbar

  • Exzessives "Schnattern", permanente Nutzung Jacobsonschen Organ

  • Kaum bis nichts fressen über Wochen hinweg


Wir nutzten anfangs folgende Hilfsmittel zur Beruhigung bzw. Entspannung:

  • Entspannungsdecke - wurde nicht angenommen

  • Bachblüten Globuli & Notfalltropfen - Wirkung schwach, Bax kam im Haus minimal zur Ruhe

  • Adaptil-Spray - keine Wirkung

  • Revet rv20 - über Monate laut Hersteller nicht lieferbar, daher kein Erfahrungswert


2021 ließen wir Bax testweise einen Kastrationschip einsetzen:

Dieser wirkt chemisch und es heißt die Wirkung sei die selbe, wie bei einer richtigen Kastration, nur zeitlich begrenzt.


Auswirkungen bei Bax:

  • Er wurde ruhiger & draußen aufmerksamer

  • Bessere Futteraufnahme, mehr Appetit, auch draußen

  • Er hatte eine Angstphase. Ob die Ursache auf den Chip zurückzuführen ist, ist unklar.

  • Schreckhaft, aber aufnahmefähig

  • Deutliche Angstaggression, allerdings auch noch nachdem die Wirkung des Chips nachgelassen hatte.

Auf dieser Basis entschieden wird uns vorerst gegen die irreversible, chirurgische Kastration.


Letztendlich wurde sein Leiden doch so gravierend, dass wir uns kürzlich für die Kastration entschieden:

  • Kaum Futteraufnahme übermehr als 6 Wochen hinweg, dadurch Gewichtsabnahme

  • Zusätzliches Besteigen von allem und jedem

  • Unruhe, die sich mit keiner bisherigen Maßnahme legte


In unserem Fall ist die Kastration das kleinere Übel. An seinen Angstthemen können wir arbeiten, auch wenn sie sich verschlimmern sollten. Gegen den übermäßigen Sexueltrieb und den damit einhergehenden Stress kommen wir dagegen nicht an.


Der Eingriff fand nun vor nichtmal 12h statt. Ich bin gespannt, wie er sich langfristig auf ihn auswirken wird und berichte gerne.



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